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4. ‚Intelligent regieren‘ in Aktion: G20

Der 21st Century Council schlug bei seinem Treffen im Mai 2012 in Mexico City für die G20 eine Mischform vor, mit der die Bereitstellung der globalen öffentlichen Güter weiterhin gewährleistet ist.

Gipfelvereinbarungen sind vor allem bei der Regulierung der Finanzmärkte, von grenzüberschreitenden Kapitalströmen und internationalen Rettungsschirmen sinnvoll.

Gleichzeitig sollte es eine starke und unabhängige »Überwachung« der Wirtschaft der G20-Staaten geben in Bezug auf Aktivitäten, die Ungleichgewichte befördern. Wir empfehlen daher die Einrichtung eines permanenten Sekretariats, das die Maßnahmen zwischen den Gipfeln umsetzt und ihre Kontinuität garantiert. Organisiert wird das Sekretariat von einer »Troika« bestehend aus dem vergangenen, gegenwärtigen und zukünftigen Vorsitzenden. Außerdem sollte die Organisation für wirtschaftliche Zusammenarbeit und Entwicklung (OECD) um die den G20 angehörenden Schwellenländer erweitert werden. Zu den Aufgaben der G20/OECD würde eine neue Erfassung der Handelsströme gehören, die auch die weltweit verstreuten einzelnen Produktionsschritte berücksichtigt (wie bei der Herstellung des iPad, siehe Kapitel 4) sowie deren Auswirkungen auf Handel und Beschäftigung. Koordinierte globale Maßnahmen zur Beseitigung der Ungleichgewichte müssen auf einer objektiven, von allen anerkannten Analyse der Fakten basieren, um unnötige Spannungen und Konflikte zu vermeiden.

Im nächsten Schritt sollte ein Geflecht aus nationalen und subnationalen Netzwerken zur Bereitstellung der globalen öffentlichen Güter gefördert werden – etwa ein verminderter Zuwachs beim CO2-Ausstoß zur Eindämmung des Klimawandels. Die Bereitschaft dafür muss von unten kommen, von einer »Koalition der Willigen«, die gemeinsam daran arbeiten, die kritische Masse für einen globalen Wandel zu erreichen. Wie beim Treffen der G20 2012 in Mexiko, wo Präsident Calderón ein »grünes Wachstum« zum Thema machte, könnten Vereinbarungen wie der Mechanismus für eine umweltfreundliche Entwicklung (»Clean Development Mechanism«) aus dem Kyoto-Protokoll ausgebaut werden. Im Grunde handelt es sich dabei um eine »Warenbörse für Emissionsrechte «, die einen Handel zwischen nationalen und subnationalen Systemen ermöglicht, in denen es bereits eine Schadstoffgrenze und einen Handel mit den Rechten gibt oder die derartige Maßnahmen planen – darunter Kanada, Australien, Quebec sowie einige europäische Staaten und chinesische Provinzen. Die aus dem Handel resultierende Liquidität wird sicher andere veranlassen, sich anzuschließen.

Eine weitere Idee, die im 21st Century Council besprochen wurde, war eine Verbindung der R20, der Regions of Climate Action, mit den Zielen der G20 zur Eindämmung des Klimawandels. Den R20, die von Arnold Schwarzenegger in seiner Zeit als Gouverneur von Kalifornien gegründet wurden, geht es darum, dass sich Regionen für den Klimaschutz einsetzen. Zu den Mitgliedern zählen neben Kalifornien der indische Bundesstaat Gujarat, die südkoreanische Provinz Gyeonggi-do und Apulien in Italien. Die Idee dahinter ist, dass sich Regionen, selbst wenn der Kampf gegen den Klimawandel und der Einsatz für saubere Energien auf der Ebene der globalen Regierung oder der Nationalstaaten ins Stocken gerät, immer noch engagieren und eine kritische Masse aufbauen können, die einen Wandel von unten bewirkt.

Neben der Beratung der G20 widmet sich der 21st Century Council Projekten, bei denen er dank persönlicher Netzwerke und Beziehungen direkt Einfluss nehmen kann. Ein Beispiel ist Zheng Bijians Vorschlag, eine »Interessengemeinschaft « zwischen den USA und China aufzubauen, indem direkte Investitionen der chinesischen Uberschüsse in die Infrastruktur und in die Schaffung von Arbeitsplätzen in den USA gefördert werden – womit man elegant die Quadratur des Kreises bei Handel und Beschäftigung schafft und das Aufkommen protektionistischer Stimmungen eindämmt, da man zeigt, dass die Globalisierung den Menschen in den USA und in China Arbeit bringt.

Als Xi Jinping im Februar 2012 Kalifornien besuchte, schlug Gouverneur Jerry Brown sozusagen von einem »Prinzling« zum anderen vor (Browns Vater war ebenfalls Gouverneur; Xis Vater war ein ranghohes Politbüromitglied), dass China bei der Finanzierung des geplanten 90 Milliarden Dollar teuren Schnellzugsystems helfen und auch in »Plug and Play«-Industriegebiete* in den ärmeren, von hoher Arbeitslosigkeit betroffenen Regionen Kaliforniens wie etwa Central Valley oder Riverside County investieren könnte.

Auch dieser Plan besitzt eine gewisse elegante Symmetrie. Als Brown Anfang der 1980er Jahre die Provinz Guangdong besuchte, kurz nach seinen beiden ersten Amtszeiten als Gouverneur, war Xi Jinpings Vater Xi Zhongxun sein Gastgeber, der damals Gouverneur von Guangdong war. Xi Senior, ein enger Vertrauter von Deng Xiaoping, war der Kopf hinter dem damals neuen Experiment einer »Sonderwirtschaftszone« in Shenzhen. Er bemühte sich um Investitionen aus den USA!

Der 21st Century Council konnte dank seiner Kontakte in Kalifornien über das Think Long Committee und seiner Verbindungen zur Leitung der China Investment Corporation und Zheng Bijian das Voranschreiten dieser Projekte erleichtern.

Das Projekt ist eines von vielen Beispielen dafür, wie eine Gruppe der »globalen Zivilgesellschaft«, etwa der 21st Century Council, zusammen mit Unternehmen und staatlichen Stellen dazu beitragen kann, die Widersprüche der derzeitigen Machtverschiebung zwischen Entfremdung und Annäherung ebenso aufzulösen wie zwischen dem Globalen und Lokalen.

Wendet man das Paradigma »Dezentralisierung, Beteiligung, geteilte Entscheidungsverantwortung« der intelligenten Regierung an, kann man die »primäre Legitimation « aufbauen, die die G20 zur Bewältigung der neuen globalen Herausforderungen benötigt.

Die Alternative wäre ein Machtvakuum, ein Auseinanderdriften und ein daraus resultierender zerstörerischer Konflikt. Daher sollte eine globale Regierung alles tun, um dafür zu sorgen, dass die Gegenwart mehr dem Jahr 1950 als dem Jahr 1910 ähnelt.