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3. Harmonismus

Eine intelligente Regierungsführung ist ein harmonisches Gleichgewicht bei allen menschlichen Angelegenheiten – ein Gleichgewicht zwischen Verantwortung und persönlicher Entscheidung, Gemeinschaft und dem Einzelnen, Freiheit und Stabilität, Wohlbefinden und Wohlstand, Mensch und Natur, Gegenwart und Zukunft – basierend auf dem Wissen darüber, welches bewährte System unter den gegebenen Umständen am besten funktionieren könnte.

Wir wissen, dass jeder allgemeine Ansatz, der sich aus neuen globalen Bedingungen ergibt, ganz pragmatisch die Vielfalt und verschiedenen Stufen der Entwicklung umfassen muss. Das geeignete Mittel für eine harmonische Zusammenarbeit ist die Kooperation, die verschiedene Wege umfasst, die zum selben Ziel führen, nicht die Uniformität eines einzigen Modells, bei dem alle im Gleichschritt marschieren müssen. Vom Einsturz des Turms zu Babel bis zur Auflösung der Sowjetunion lehrt uns die Geschichte, dass Vielfalt in der Natur des Menschen liegt.

Eine derartige Kooperation zum Vorteil aller ist heute wahrscheinlicher als an jedem anderen Punkt in der Geschichte der Menschheit. Es gibt die These, dass die Fähigkeit, Wissen über Kulturen hinweg zu teilen, die dank des »globalen Denkschaltkreises« unserer vernetzten Welt und der weltumspannenden Reichweite der Medien ermöglicht wird, mit einem »horizontalen Gentransfer« vergleichbar ist. Damit könnte eine Regierung, die nicht auf einer konkurrenzorientierten Hierarchie, sondern auf der Verbreitung von Wissen basiert, eine »Evolution der Evolution« darstellen.

Wenn die Menschheit überleben will, muss sie zusammenarbeiten. In Verbindung mit der Wissensexplosion in den Naturwissenschaften und der Informationsrevolution weckt diese Notwendigkeit die Hoffnung, dass unsere Spezies die primitive, konkurrenzorientierte Form der menschlichen Evolution – »Survival of the Fittest« – hinter sich lässt und stattdessen einen weniger konfliktreichen, intelligenteren und kooperativeren Weg wählt – das »Überleben der Klügsten«. Intelligentes Regieren ist in diesem Sinn die praktische Anwendung einer weiterentwickelten Weltsicht.

In einer Verbeugung vor der altehrwürdigen Tradition des Ostens könnte man diese Weltsicht Harmonismus nennen. Sie ist vielleicht die Alternative des 21. Jahrhunderts zur beschränkten Vorstellung von »Fortschritt«, die uns zwar fantastische Weiterentwicklungen gebracht, aber auch großen Schaden angerichtet hat – den Verlust der kulturellen Vielfalt, die Vernichtung von Menschenleben und die Zerstörung der Umwelt. Der Harmonismus scheut nicht die Zukunft, stellt sich aber auch kein Utopia an irgendeinem Endpunkt der Geschichte vor. Stattdessen strebt er konstant ein Gleichgewicht an.